«Der Fokus aufs Klima half mir sicher»

Die gebürtige Kleinwangerin Priska Wismer-Felder zieht in den Nationalrat ein. Dank der Wahl von Andrea Gmür in den Ständerat konnte die 49-Jährige für die CVP nachrücken. Die Bäuerin will unter anderem bei der Landwirtschaftspolitik mitwirken, kritisiert diese aber auch.

Priska Wismer-Felder wohnt bereits seit 29 Jahren auf dem Stierenberg in Rickenbach. Foto Jonas Hess
Jonas  Hess

Priska Wismer-Felder. Wie fühlt es sich an, mit Frau Nationalrätin angesprochen zu werden?
Eigentlich werde ich ja erst beim Sessionsstart am 2. Dezember offiziell als Nationalrätin vereidigt. Trotzdem wurde ich natürlich bereits von einigen Leuten so angesprochen. Es ist für mich ziemlich speziell und noch etwas ungewohnt (lacht). Grundsätzlich ist mir ein einfaches «Frau Wismer» sowieso lieber.

 

Was war Ihr erster Gedanke, als Sie wussten, dass Sie gewählt sind?
Zuerst kam mir unser Hof in den Sinn. Ich dachte: Nun müssen wir einiges anders organisieren. Insbesondere in den ersten Monaten werde ich sicher stark mit meinem neuen Amt beschäftigt sein und wenig Zeit für die Hofarbeit haben. Zum Glück helfen meine Schwiegereltern, unsere Tochter und ihr Freund mit. Zudem wird unser ehemaliger Lernende zeitweise einspringen können.

 

Das klingt so, als seien Sie von Ihrem eigenen Wahlerfolg überrascht worden.
Ja, ein bisschen schon. Ich trat ja bereits vor vier Jahren an. Damals sah es bis kurz vor Schluss danach aus, dass ich es schaffen könnte. Dieses Mal war es eher umgekehrt. Ich wusste zwar um meine Chancen. Dass es reichen könnte, war mir aber erst richtig bewusst, als ich sah, wie gut Andrea Gmür bei den Ständeratswahlen abgeschnitten hatte. Als Viertplatzierte war die Ausgangslage dann plötzlich optimal, um nachrücken zu können.

 

Was glauben Sie, hat den Ausschlag gegeben, dass knapp 27 600 Wähler Ihren Namen aufgeschrieben haben?
Das ist immer sehr schwierig zu sagen. Was aber sicher geholfen hat, ist die Tatsache, dass ich bereits vor vier Jahren kandidierte und mich die Leute deshalb schon kannten. Zudem bin ich in Vereinen, im Kantonsrat und im Dorf engagiert. Dadurch konnte ich im Laufe der Jahre ein breites Netzwerk spannen.

 

Während des Wahlkampfs war -das Thema Klima omnipräsent. Sie -setzen bei sich zu Hause seit Längerem auf Photovoltaik und möchten auf dem Stierenberg Windräder bauen. Kam Ihnen -das nun entgegen?
Der Fokus aufs Thema Klima half mir sicher. Das spürte ich auch an den Podiumsdiskussionen. Ich konnte glaubwürdig darlegen, dass mir der Umstieg auf erneuerbare Energien wichtig ist.

 

Am 2. Dezember startet Ihre erste Session im Nationalrat. Sind Sie bereits an den Vorbereitungen?
Da ich nicht sofort gewählt wurde, sondern erst nachdem klar war, dass Andrea Gmür Ständerätin wird, hat sich bei mir alles etwas verzögert. Daher habe ich noch keine Unterlagen zur kommenden Session erhalten. Ich möchte aber baldmöglichst damit beginnen. Die Einarbeitung wird sicher mehr Aufwand in Anspruch nehmen, als dies beim Kantonsrat der Fall war.

 

Werden Sie den Kantonsrat vermissen?
Ja, ein bisschen schon. Besonders die Kolleginnen und Kollegen aus der Fraktion, mit denen ich viel diskutiert, politisiert und gemeinsam für Anliegen gekämpft habe. Gleichzeitig freue ich mich aber darauf, im Parlament neue Gesichter kennenzulernen.

 

Vor was haben Sie Respekt?
Ich habe gehört, dass die Sessionen, welche drei Wochen am Stück dauern, ziemlich anstrengend und ermüdend sein können. Durch meinen Beruf bin ich mich nicht gewohnt, so lange zu sitzen. Zudem werden die Erwartungen an mich sicher höher sein. Als Parlamentarierin muss man ein breites Wissen vorweisen können und die einzelnen Dossiers im Griff haben.

 

Auf Ihren Plakaten haben Sie mit dem Slogan «echt.nah.dran.» geworben. Wie wollen Sie dieses Wahlversprechen einhalten?
Ich habe bewusst meine Kernthemen Landwirtschaft, erneuerbare Energien und Kultur dargestellt. Das ist mein Lebensumfeld, dort bin ich am nahsten dran und kann mit praktischem Wissen politisieren.

 

Aus meiner Sicht braucht es einen Gegenvorschlag.
Priska Wismer-Felder
über den Umgang mit der Trinkwasserinitiative

 

Als Bäuerin stehen Sie der Landwirtschaft sehr nahe. Dürfen sich die Bauern auf eine weitere Vertretung in Bern freuen?
Die Landwirtschaft ist für mich natürlich zentral. Ich habe bei der entsprechenden Kommission auch bereits Interesse angemeldet. Es ist wichtig für die Schweiz, dass wir eine nachhaltig produzierende Landwirtschaft stärken und fördern. 

 

Stichwort Nachhaltigkeit. Gerade in diesem Bereich wird die Landwirtschaft immer wieder kritisiert.
Das ist so. Daher müssen wir den Konsumentinnen und Konsumenten noch besser aufzeigen, dass wir mit Nahrungsmitteln, welche hier produziert werden, bei der Öko-Bilanz sehr gut abschneiden. Nur schon wegen den kurzen Transportwegen. Dass wir gewisse Mittel in der Tiermedizin oder dem Pflanzenschutz benötigen, ist aber eine Voraussetzung dafür.

 

Sie sprechen die Trinkwasser- und Pestizid-Initiative an. Was halten Sie davon?
Aus meiner Sicht sind diese Initiativen zu extrem. Eine Annahme würde bedeuten, dass die Schweiz faktisch zu einem Bioland würde. Das Problem ist, dass der Markt dafür viel zu klein ist. Alle Nicht-Bio-Produkte müssten daher importiert werden. Das macht überhaupt keinen Sinn.

 

Trotzdem haben die Initiativen intakte Chancen bei der Bevölkerung. Warum?
Wir Bauern müssen noch vermehrt kommunizieren, dass wir uns bereits heute für einen massvollen Einsatz von Pestiziden einsetzen. Es ist zu einem Dauerauftrag der Landwirtschaft geworden, die Bevölkerung über unsere Arbeit zu informieren. Auch die Politik muss ihren Beitrag leisten. Man hat unterschätzt, wie viele Leute dieses Thema beschäftigt. Es darf nicht sein, dass man diese Anliegen nicht ernst nimmt und einfach sagt, dass man solche Initiativen sowieso nicht umsetzen kann. Zudem ist es schon so, dass die Bauern noch besser werden wollen und können. Dazu sind bereits mehrere Aktionspläne in Umsetzung. Es benötigt halt einfach seine Zeit.

 

Wie sollte man Ihrer Meinung nach mit diesen Initiativen umgehen?
Aus meiner Sicht braucht es einen Gegenvorschlag, um dem Volk eine Lösung anbieten zu können, die moderater und vor allem umsetzbar ist. Dafür möchte ich mich in Bern auch einsetzen.

 

Bis jetzt sieht es nicht danach aus. Bundesrat und Nationalrat lehnten einen Gegenvorschlag ab.
Hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Ich bin zuversichtlich, dass sich ein Gegenvorschlag durchsetzen wird.

 

Ein weiterer Schwerpunkt Ihrer -politischen Arbeit ist die Energie-politik. Davon sind Sie auch selbst betroffen. Wie steht es um den Windpark auf dem Stierenberg?
Nach über sechs Jahren Planung sind wir derzeit in der Vorprüfungsphase. Ziel ist, im Herbst das Baugesuch zur Umzonung des Gebiets öffentlich aufzulegen.

 

Mit dem Windpark auf dem Lindenberg ist auch im Seetal eine solche Anlage geplant. Diverse Einsprachen gefährden das Projekt.
Das ist auf dem Stierenberg nicht anders. Der Widerstand gegen das Projekt wächst. Seit wir unsere Idee öffentlich vorgestellt haben, wehren sich Landschaftsschützer und Vogelfreunde dagegen. Im Gegensatz zum Lindenberg kommt die meiste Kritik aber von Aargauer Seite.

 

Verstehen Sie die Kritik?
Ehrlich gesagt nur teilweise. Ich verstehe, dass ein Projekt dieser Grösse gewisse Ängste auslöst. Die Argumente der Vogelschützer kann ich noch nachvollziehen. Die Landschaftsschützer aber weniger. Das Naherholungsgebiet bleibt bestehen, auch wenn während der Bauphase mehr Lärm herrscht als üblich, kann man dort trotzdem spazieren gehen. Die meiste Kritik erhalten wird übrigens deswegen, weil erneuerbare Energien durch Einspeisevergütungen unterstützt werden und unser Projekt in den Genuss von solchen Zahlungen kommen würde. Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Dieses Geld hat der Steuerzahler bereits gezahlt und ist für die Energiewende bestimmt. Zudem können sich alle Interessierten beteiligen, da es sich um ein Bürgerprojekt handelt.

 

Muss die Politik etwas ändern, damit solche Projekte auch wirklich realisiert werden können?
Ja, definitiv. Das ganze Verfahren geht viel zu lange. Das muss vereinfacht werden. Zudem müssen wir davon wegkommen, dass jeder gegen solche Projekte Einsprache erheben kann. Schliesslich wurde die Energiestrategie 2050 vom Volk beschlossen, also müssen wir sie auch umsetzen.

von Jonas Hess

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • HTML - Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.
  • Web page addresses and email addresses turn into links automatically.