Talstrasse-Gegner gehen in die Offensive

Rund 20 Personen waren am Montagmorgen beim Hof Aegerte in Ballwil bei der Pressekonferenz der IG QuerfeldNein mit dabei. Diese stellte unter anderem eine neue Petition vor.

Yves Bucher

«Wir sind hier, damit ihr seht, wo die Talstrasse durchführen wird. Man muss das sehen, spüren, damit man begreift, worum es hier wirklich geht.» Dies sagte Hans Bächler, Mitinitiant der IG QuerfeldNein während der Pressekonferenz. Bächler erklärte dabei die geplante Linienführung der Talstrasse. Rund 200 Meter davon waren von der IG mit Bändern ausgesteckt, «damit man sich das Ganze besser und konkreter vorstellen kann», so Bächler weiter. Eine Idee, welche in den nächsten Tagen noch erweitert wird. «Wir werden mit acht Meter hohen Masten die Linienführung markieren, damit alle hierherkommen und selber sehen können, wie viel Land zerstört würde», sagte Martin Kaeslin, Raumplaner und ebenfalls Mitinitiant der IG. «Eine unserer nächsten Aktionen wird sein, mit Behörden und den Kantonsräten diese geplante Linienführung zu begehen und ihnen die konkrete Situation aufzuzeigen.»

Petition verlangt Verzicht

«Wir fordern den Regierungsrat und den Kantonsrat auf, die teure Detail-planung einer zweiten Strasse mitten durchs Seetal (Talstrasse) zu beenden sowie das Projekt Talstrasse in den Topf C zu setzen oder ganz zu streichen.» Dies ist der Wortlaut der Petition der IG QuerfeldNein, welche am Montag vorgestellt wurde. «Unser Ziel sind mindestens 1000 Unterschriften bis zum Sommer. Im Herbst werden wir diese Petition der Regierung und dem Kantonsrat überreichen», sagte Bächler.  Dies im Hinblick auf die Novembersession, in der das Kantonsparlament das Strassenbauprogramm 2015 bis 2018 und damit auch das Projekt Talstrasse berät. Geplant seien keine Standaktionen. «Wir haben die Petition unseren Mitgliedern zugestellt, zudem kann man diese auf unserer Homepage downloaden oder online unterzeichnen.»

Sprachrohr für die Betroffenen

Nicht nur Presseleute waren am Montag gekommen, sondern vor allem auch die betroffenen Landwirte. Für sie geht es um die Existenz, wie Kaspar Kaufmann aus Eschenbach betonte. «Wir würden viel Land verlieren und wären in unserem Fall sogar mehrfach betroffen. Ein Weitermachen würde so keinen Sinn mehr machen.» Die Landwirte monierten generell, dass ihre Parzellen diagonal zerschnitten würden. Eine Bewirtschaftung der Felder sei so erschwert. Zudem sei noch nicht klar, wie die Zufahrten oder Unterführungen der Talstrasse geregelt würden. Ein Vorwurf, den auch Martin Kaeslin formulierte. «Vieles, zu vieles ist noch unklar und nicht durchdacht.» Und vor allem sei nie über Alternativen geredet worden. Zum Beispiel über eine Verbreiterung bestehender Strassen. «Das würde viel weniger Land verbrauchen.»

Die Strasse werde rund 12 Meter breit, zerstört würde aber Kulturland auf einer Breite von 20 bis 30 Metern, erklärte Moritz Rüttimann aus Urswil. «Man muss bedenken, dass Hügel abgetragen, das Gelände angeglichen und Böschungen angelegt würden. Zudem würde es sicherlich einen parallel laufenden Landwirtschaftsweg brauchen, neue Zufahrten zu unseren Parzellen und vieles mehr.» Dies sei die Folge des Strassenbaus und das würden die wenigsten sehen. «Viele sehen nur diesen schmalen Strich auf einer Karte. Aber hier würde sehr viel Kulturland für uns unbrauchbar werden», so Rüttimann weiter. Marcel Felder aus Eschenbach, ergänzte: «Es geht nicht nur um uns Bauern, sondern um die ganze Gesellschaft und deren Zukunft. Wir zerstören hier unsere Lebensgrundlage und dies für alle kommenden Generationen.»

Auch Anna Stocker aus Eschenbach wäre vom Projekt Talstrasse betroffen. «Wir haben den Hof Aegerte gepachtet, um mehr Land bewirtschaften zu können. Und nun bedroht dieses Projekt uns und unsere Nachkommen.» Ihre Söhne wären bereit, den Betrieb weiterzuführen. «Man nimmt uns aber die Lebensgrundlage weg.» Die IG QuerfeldNein sei für sie alle eine wichtige Stütze und ihr Sprachrohr. «Alleine hätten wir keine Chance. Aber zum Glück leben wir in einer Demokratie. Wir können uns wehren und wir werden uns wehren.»

Mangelnde Kommunikation

Einig waren sich die Betroffenen über die mangelnde Kommunikation seitens des Kantons. Ein Vorwurf, der seit Beginn des Projekts Talstrasse wie ein Damoklesschwert über allem schwebt. Nicht nur die Landwirte, auch Journalisten und sogar Kantonsräte kamen und kommen kaum an konkrete Informationen heran (der «Seetaler Bote» berichtete). «Nachdem wir auf unserem Land die Entnahme von Bodenproben verhindert haben, schrieb ich einen Brief an die Dienststelle Verkehr und Infrastruktur mit der Bitte um Informationen. Das war Ende April. Ich habe bis heute keine Antwort erhalten», erzählte Landwirt Lucius Kaufmann aus Eschenbach. Konkrete, parzellengenaue Pläne habe bis heute niemand gesehen, obwohl diese existierten. Auch wisse im Moment niemand, wie es mit den geplanten Bodenproben weitergehe und ob und wann die Baggerschlitze ausgeführt würden. «Mit uns hat nie jemand geredet. Nie kam jemand vorbei oder hat sich unsere Situation angeschaut, obwohl das Projekt unsere Existenz bedroht», sagte Kaspar Kaufmann. «Bei einer Enteignung bekämen wir neun Franken pro Quadratmeter. Ein Hohn», ergänzte Marcel Felder.


Auf eine schriftliche Anfrage schreibt Urban Henzirohs, Kommunikationsbeauftragter des Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartements: «Die Dienststelle Verkehr und Infrastruktur hat das Schreiben von Herrn Kaufmann erhalten und zur Kenntnis genommen.» Über die weiteren Schritte wie die Planungsausschreibungen oder die Entnahme von Bodenproben sei die Öffentlichkeit informiert worden, so Henzirohs weiter. «Genauere Angaben zu Linienführungen können heute noch nicht gemacht werden. Es ist eine Hauptaufgabe der Vorprojekte, die Linienführungen festzulegen.» Zudem finde am 12. Juni ein Informationsabend in Zusammenarbeit mit der Idee Seetal AG statt. «Der Kanton Luzern wird an diesem Anlass über das Variantenstudium, das Vorprojekt, die Planer und das weitere Vorgehen informieren. Die betroffenen Grundeigentümer werden zum Informationsabend vom 12. Juni schriftlich eingeladen.»

«Wachsender Widerstand»

Mittlerweile sind über 100 Personen Mitglied der IG, «und es werden täglich mehr», so Hans Bächler. Gemäss eigenen Angaben markiere die IG damit einen wachsenden Widerstand gegen ein Projekt, «das durch die schöne Seetaler Naturlandschaft, bestes Landwirtschaftsland und durch ein Erholungsgebiet führen und dieses zerstören würde.» Die Verkehrsentlastung für die Dorfzentren läge höchstens bei 20 bis 30 Prozent, betonte Martin Kaeslin. Jedoch würde man zusätzlichen Verkehr generieren.

Die Kontra-Argumente liegen auf dem Tisch, die Pro-Argumente sind schon länger bekannt. Die Petition wird zeigen, auf welche Resonanz das Anliegen von QuerfeldNein stossen wird. Immer noch keine repräsentative Umfrage, aber immerhin ein Stimmungsbild. Und zum ersten Mal hat die Öffentlichkeit die Möglichkeit, sich zu äussern.

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