So engagiert ist die junge Bevölkerung

An Gemeindeversammlungen, bei Abstimmungen oder in Parteien: Die Mitwirkung von jungen Menschen ist sowohl in der nationalen als auch in der kommunalen Politik gefragt. Aber wie gross ist überhaupt ihr politisches Interesse? Der «Seetaler Bote» hat nachgefragt.

Céline Iten möchte sich in Zukunft noch mehr in der Politik engagieren.
Milena Stadelmann

«Ich diskutiere sehr gerne», sagt Céline Iten. «Insbesondere über Politik.» Die 24-Jährige kommt aus einer politisch interessierten und engagierten Familie. Sie wuchs in Retschwil auf und wohnt seit bald einem Jahr in Hochdorf. Bereits als sie noch nicht abstimmen durfte, debattierte sie mit ihren vier älteren Geschwistern und Eltern über die Abstimmungen. Seitdem sie abstimmen darf, hat sie keinen nationalen oder kantonalen Urnengang verpasst. «Ich finde es sehr wichtig, sich als junge Person an den Wahlen zu beteiligen.» Iten interessiert sich auch für die Gemeindepolitik – nicht zuletzt aufgrund ihrer Arbeit als Sachbearbeiterin auf der Gemeinde Hitzkirch.

So politisch interessiert wie Iten sind längst nicht alle jungen Menschen. Das geht aus dem diesjährigen easyvote-Politikmonitor hervor, der vergangene Woche erschien. Bei der jährlich angelegten Befragung wurden landesweit im Auftrag des Dachverbands Schweizer Jugendparlamente über 1000 15- bis 25-jährige Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II zu ihren politischen Präferenzen, Partizipationsformen und ihrer Haltung befragt. Das Ergebnis: Knapp die Hälfte der befragten Jugendlichen interessieren sich für die Schweizer sowie die weltweite Politik.

Gemeindepolitik spielt Nebenrolle

An den Schulen in der Region zeichnet sich ein durchmischtes politisches Interesse ab. Leroy Gürber, Schulleiter der Sekundarschule Hitzkirch, schätzt das allgemeine politische Interesse der Schülerinnen und Schüler als eher gering ein. Der Rektor der Kantonsschule Seetal, Roger Rauber, nimmt eine grosse Streuung wahr. «Es gibt immer wieder vereinzelt Schülerinnen und Schüler, die sehr interessiert sind und sich auch schon im Jugendalter politisch in ihrer Gemeinde engagieren.» Einen grossen Teil der Jugendlichen nehme aber auch er als «eher wenig interessiert bis indifferent» wahr.

Die Politik ist sowohl an der Kantonsschule Seetal wie auch an der Sekundarschule Hitzkirch Bestandteil des Unterrichts. Themen, wie das politische System der Schweiz, gehören zum Pflichtstoff. Bundesratswahlen oder Abstimmungen fliessen zusätzlich in den Unterricht ein. An Debattierwettbewerben, Ausflügen ins Bundeshaus oder durch die Mitwirkung im Schüler- und Klassenrat können die Jugendlichen Politikluft schnuppern. Die Gemeindepolitik spielt an den Schulen nur in Ausnahmefällen eine Rolle. An der Sekundarschule wird sie beispielsweise behandelt, wenn die Themen die Schule oder Lernende direkt betreffen. Dadurch könne der Bezug zur Gemeinde gestärkt werden, sagt Gürber. «Zudem ist es wichtig, den Lernenden die Entfaltungsmöglichkeiten in der Politik aufzuzeigen.» So durfte eine Schulklasse im vergangenen Jahr den Gemeinderat besuchen und eigene Themen einbringen.

Luft nach oben

Politisches Interesse ist das eine – politisches Engagement das andere. Für die Gemeinden im Lesergebiet dieser Zeitung ist die aktive politische Mitwirkung der jungen Stimmbevölkerung von grosser Bedeutung. Das geht aus einer Umfrage hervor, an der 9 von 12 Gemeinden teilnahmen. In Hitzkirch ist der proaktive Einbezug von Kindern und Jugendlichen in der Gemeindestrategie verankert. So werden sie beispielsweise bei der öffentlichen Infrastruktur oder der Zentrumsplanung in die Prozesse integriert und angehört. «Es ist uns ein grosses Anliegen, dass die junge Bevölkerung in der Politik einbezogen wird», sagt Lea Bischof-Meier, Gemeindepräsidentin von Hochdorf. «Junge Personen sind aktuell aktiv bei der Mitwirkung Südiareal oder mit drei Vertretungen in der Jugendkommission.» Auch in anderen Gemeinden engagiert sich die junge Bevölkerung in Kommissionen, Vereinen oder Parteien. So beispielsweise in Eschenbach, in Ballwil ist eine junge Person als Mitglied des Urnenbüros aktiv und in Hohenrain sitzt der 24-jährige Jonas Roth im Gemeinderat.

Trotzdem: Die Gemeinden sehen bei der politischen Mitwirkung der jungen Bevölkerung Luft nach oben. So nehmen die meisten das Interesse, an Jungbürgerfeiern oder an Gemeindeversammlungen teilzunehmen, als eher gering wahr. Positiv hingegen werten beispielsweise die Gemeinden Hohenrain und Ermensee die hohen Stimmbeteiligungen bei Urnenabstimmungen: «Wir führen zwar keine Auswertung, bei der jeweils relativ hohen Stimmbeteiligung ist jedoch anzunehmen, dass auch die Jungen abstimmen», sagt Andreas Müller, Gemeindepräsident von Ermensee.

Durch ihren Umzug von Hitzkirch nach Hochdorf kennt Céline Iten das Konzept Gemeindeversammlung und Urnenabstimmung gleichermassen. In Hitzkirch nahm sie einmal an einer Gemeindeversammlung teil. «Es war interessant. Dort gab es sehr viele Diskussionen», sagt die 24-Jährige. Um an der Informationsveranstaltung in Hochdorf teilzunehmen, hatte sie in diesem Jahr keine Zeit. «Trotzdem darf ich meine Stimme noch abgeben.» An der Urnenabstimmung schätzt Iten ebenfalls die Anonymität. «Deshalb finde ich dieses Konzept besser.»

Soziale Medien – Ja oder Nein?

Die Gemeinden würden viel machen, um das politische Interesse zu fördern, findet Iten. «Wer will, kann sich politisch engagieren.» Der Einsatz von sozialen Medien könnte aus ihrer Sicht aber dabei helfen, Jugendliche besser zu erreichen. Iten selbst konsumiert über Instagram politische Informationen, am liebsten in Form von Videos. «Junge haben oft keine Zeit oder Lust dazu, sich aktiv über ein Thema zu informieren.» Man müsse es ihnen möglichst einfach machen.

Bisher nutzt einzig die Gemeinde Hochdorf eine Facebook-Seite, um Informationen mit der Bevölkerung zu teilen. Tatsächlich diskutieren zur Zeit aber einige Gemeinden darüber, künftig Social-Media-Kanäle zu nutzen. Dazu gehören unter anderem Schongau, Eschenbach oder Ballwil. «Die Überlegungen machen wir uns nicht nur wegen der Jugendlichen», sagt Gemeindepräsident von Ballwil, Benno Büeler. Auch Erwachsene würden sich immer mehr über diese Kanäle orientieren. «Wir wollen aber nichts überstürzen, gerade im Wissen darum, dass diese Kanäle gepflegt und dafür Ressourcen freigemacht werden müssen.»

Eine Gemeinde ausserhalb des Seetals, die bereits auf Social Media setzt, ist Ruswil. Seit diesem Sommer bewirtschaftet die Gemeinde Facebook, Instagram, Twitter und LinkedIn. Ausschlaggebend dafür war eine wissenschaftliche Arbeit über die Partizipation der jungen Stimmbevölkerung an der Gemeindepolitik. «Das Ziel ist es, die junge Bevölkerung zur Mitwirkung zu motivieren, indem sie informiert ist», sagt Gemeindepräsident Franzsepp Erni. Auf den Kanälen werden unter anderem News, Stellenangebote oder Informationen zu Veranstaltungen gepostet. Insbesondere LinkedIn und Instagram, hätten sich bewährt.

«Etwas umsetzen»

Trotz Vorteilen sieht Iten beim Einsatz der sozialen Medien eine Herausforderung: «Junge Menschen müssen zuerst wissen, dass es die Profile überhaupt gibt, bevor sie ihnen folgen können.» Dasselbe gelte für die Teilnahme an politischen Aktivitäten. «Der Wille, sich über die Kanäle der Gemeinde informieren zu wollen, muss da sein.»

Iten möchte sich in Zukunft politisch mehr engagieren. Sie könnte sich gut vorstellen, der FDP Hochdorf beizutreten – obwohl sie sich dafür weniger in ihren Vereinen engagieren könnte. «Die Politik gefällt mir sehr, und ich möchte nun auch etwas umsetzen.»

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