Nachruf

Unser Vater wurde am 23. Juli 1924 als ältestes von sieben Kindern in Römerswil geboren. Seine Eltern, Marie und Josef Estermann-Trüeb, waren Landwirte und seine Mutter führte noch die Römerswiler Poststelle.

Nach der Primar- und Sekundarschule durfte unser Vater im Frühling 1939 ins Institut nach Neuenburg. Leider musste er diese Schule frühzeitig abbrechen, da bei Kriegsbeginn alle helfenden Hände zu Hause gebraucht wurden. So begann seine Tätigkeit als Briefträger bereits mit 15 Jahren und brachte jeden Tag einen Fussmarsch von zirka 45 Kilometern mit sich.

1954 wurde er als Posthalter von Römerswil gewählt, gleichzeitig wurde mit der Erstellung des neuen Einfamilienhauses samt Poststelle begonnen. Im Herbst heiratete er dann seine Jugendliebe Ottilia Bühlmann im Wallfahrtsort Mariastein. Ein Jahr später wurde Tochter Ottilia und nach drei Jahren Sohn Josef geboren.
Durch die technische Entwicklung konnte unser Vater die Postzustellungen schlussendlich mit einem VW-Käfer tätigen. Durch die vielen naturbelassenen Strassen, wurde das Auto jedoch arg in Mitleidenschaft gezogen. Viel Zeit verbrachte er deshalb beim Reparieren. Sein erstes Auto mit Vierradantrieb, ein «Döschwo Sahara» mit zwei Motoren, war sein ganzer Stolz. Allerdings war dies kein Fahrzeug für den täglichen Einsatz, weshalb die Postzustellung weiterhin mit einem VW-Käfer getätigt wurde. Oftmals bekam er auf seiner Tour einen Kaffee oder sogar ein Mittagessen spendiert. Ebenso freute er sich immer an einem kurzen Schwatz oder half mitunter auch bei der Geburt eines Kalbes mit.

Fasziniert war unser Vater von schönen, eleganten Wagen. Bald unternahmen wir mit einem Sonntagsauto Ausflüge ins Entlebuch, auf die Alp. Auf dieser gab es stets etwas zu tun. Besonders deshalb, weil bloss ein weiter und mühseliger Fussweg zur Hütte führte. Fast jedes Wochenende durften auch wir Kinder beim Bau einer neuen, befahrbaren Strasse mithelfen.

«Postsepp» half viel beim Bruder auf dem Hof mit. Unter anderem mähte er täglich um 4.30 Uhr mit der Sense das Gras. Viele Jahre bekleidete «Postsepp» das Amt des Präsidenten der Musikgesellschaft Römerswil und erhielt später sogar die Auszeichnung zum Ehrenpräsidenten. 1953 trat er ebenfalls der Posthaltermusik Zentralschweiz bei. Nach unvergesslichen 50 Jahren als Musikant, wurde er 1994 zum Ehrenveteranen ernannt. Nebst der Musik, zählte auch das Schiessen zu seinen Leidenschaften. Deshalb hatten unsere Eltern 1950 die Ehre, das Amt als Fahnenpatenpaar der Schützengesellschaft Römerswil zu übernehmen.

Besondere Freude bereiteten ihnen auch die beiden Grosskinder. Gemeinsame Zeit verbrachten sie in den Skiferien oder bei Fahrradtouren im Tessin. Auch herrliche Urlaubstage am Meer waren keine Seltenheit. 1989 wurden unsere Eltern pensioniert. Nun waren die beiden nicht mehr zu halten. Die weite Welt lockte und so blieb kein Erdteil unentdeckt. Ebenso unternahmen sie viele Motorradfahrten mit ihrer 1200er-Goldwing, welche sie bis ins nahe Ausland führte.

Allmählich wurden ruhigere Hobbys aktuell. Bei Jassnachmittagen und gegenseitigen Geburtstagsbesuchen wurde der grosse Freundeskreis rege gepflegt. Alljährlich genossen sie, unter anderem, die Pilgerfahrt nach Lourdes. Doch die Zeit verging nur allzu schnell. Im vergangen Jahr durfte «Postsepp» bereits seinen 90. Geburtstag im Kreise seiner Familie und Freunde begiessen. Dankbar feierten unsere Eltern einige Wochen später ihre diamantene Hochzeit.

Das Interesse an technischen Neuerungen bewahrte unser Vater bis zuletzt. Selbst einen Tag vor seinem Tod war er mit dem Smartphone in der Tasche in seinem Hybrid-Auto unterwegs. Am frühen Morgen des 17. Dezembers 2014 erlitt unser Vater unverhofft eine schwere Hirnblutung. Nach einem kurzen Spitalaufenthalt schlief er noch am selben Abend ruhig und sanft im Beisein seiner Familie für immer ein.

Wir danken dir, lieber Vater, von Herzen für deine Liebe und all die schönen Augenblicke, welche wir mit dir erleben durften. Wir vermissen dich.

Deine Familie