Wie und wo soll Hochdorf wachsen?

Am 29. November stimmen die Stimmberechtigten über die Ortsplanungsrevision ab. Eine Version hält sich an die Umsetzung der Initiative «Hochdorf wächst langsam». Die zweite Variante des Gemeinderates will mehr Wachstum ermöglichen.

Die Variante 2 würde zum Beispiel an der Moosstrasse (im Bild) Aufzonungen ermöglichen. Aus dem Gebiet Sagenbachstrasse, Kannenbühl, Moosstrasse ging eine Sammeleinsprache ein, welche von 47 Einsprechern unterzeichnet wurde.
Jonathan Furrer

2015 nahmen die Hochdorfer Stimmberechtigten überraschend die Initiative «Hochdorf wächst langsam» an. Diese sieht vor, das Wachstum auf 0.7 Prozent pro Jahr (im fünfjährigen Durchschnitt) zu begrenzen. Wie jede andere Gemeinde im Kanton muss Hochdorf aktuell seine Ortsplanung einer Gesamtrevision unterziehen, diese setzt vereinfacht gesagt auf innere Verdichtung.

Der Gemeinderat war 2015 gegen die Initiative «Hochdorf wächst langsam». Nun legt er mit der Variante 2 der Ortsplanung eine Alternative zur strikten Umsetzung der Initiative vor. Für Gemeindepräsidentin Lea Bischof eine legitime Vorgehensweise, da die Umsetzung der Initiative als Variante 1 der Stimmbevölkerung vorgelegt wird. Auch der Kanton sehe dies so. Er habe beide Varianten geprüft und als «weitgehend vollständig erarbeitet» und «grösstenteils recht- und zweckmässig» beurteilt.

Wieso der Gemeinderat überhaupt eine zweite Variante vorlegt, begründet Bischof mit «Zielkonflikten». Der Gemeinderat habe von der Stimmbevölkerung aufgrund der Abstimmungen über die Revision des Raumplanungsgesetzes 2013 und der Initiative «Hochdorf wächst langsam» im Jahr 2015 zwei Aufträge erhalten, welche schwierig zu vereinbaren seien. Dies, weil eine qualitative Verdichtung nach innen in Kombination mit der quantitativen Vorgabe eines Bevölkerungswachstums von maximal  0.7 Prozent pro Jahr im fünfjährigen Durchschnitt nur marginale Um- und Aufzonungen ermöglichten.

Gemeinde befürchtet: Kein neuer Busbahnhof ohne Aufzonung
Für Bischof geht es um die bauliche Entwicklung der nächsten 10 bis 15 Jahre. Es sei wichtig, dass «der Gemeinderat die Verantwortung auch bei der Ortsplanung wahrnimmt und seine Haltung ausdrückt.»  Und diese Haltung ist: eine Siedlungsentwicklung nach innen, welche die Variante 2 ermögliche. Nur diese Variante entspreche dem Raumplanungsgesetz (RPG) und der kantonalen Richtplanung für ein «Zentrum der Landschaft». Damit würden künftige Generationen in ihrer Entfaltung nicht eingeschränkt. «So ist ein haushälterischer Umgang mit dem Boden möglich und trotzdem wird eine Attraktivierung und Entwicklung zugelassen.»

Variante 1 dagegen bedeutet für Bischof: Entwicklungs-Stillstand. Konkret sieht sie ohne Aufzonung die bauliche Attraktivierung des Zentrums wie zum Beispiel die Realisierung einer Mobilitätszentrale beim Bahnhof mit Busbahnhof bedroht.

Die theoretisch errechneten Wachstumszahlen der Gemeinde liegen bei der Variante 1 bei 0.7 Prozent und in der Variante 2 bei 1.1 Prozent pro Jahr. Auf 15 Jahre gerechnet liege der Unterschied bei 500 Einwohnenden. Bischof betont, dass bei beiden Varianten keine neuen Einzonungen, also kein Bauen auf der grünen Wiese, vorgesehen sind.

Insgesamt sind elf Einsprachen eingegangen, wobei sechs davon auch nach den Einspracheverhandlungen nicht zurückgezogen wurden.

Variante 2: «Kurzfristiges Wachstum und Profitdenken»?
Wenig überraschend kritisch sieht Beat Meister, Initiator von «Hochdorf wächst langsam», das Vorgehen der Gemeinde. «Mit der Abstimmung in zwei Varianten schafft der Gemeinderat die Möglichkeit, die ungeliebte, aber von den Stimmbürgern angenommene Ini-tiative wieder auszuhebeln.» Meister befürchtet, dass die zweite Variante zu mehr Bautätigkeit im Zentrum führen wird. Man tue nur so, als ob man die Initiative als Grundlage nehmen würde, tatsächlich würden im Reglement Möglichkeiten geschaffen, um wieder mehr zu bauen.

Gegen die vom Gemeinderat vorgeschlagene Variante hat sich mittlerweile eine Opposition gegründet. Das «Komitee für eine massvolle und qualitative Ortsplanung» verschickte Anfang Woche in über 4800 Haushaltungen in Hochdorf einen Informationsflyer zur Abstimmung.

Gemäss den Initianten ist die Variante 2 «ominös und rechtlich fragwürdig», wie sie auf dem Flyer schreiben, nach ihrer Ansicht unterliegt die Variante 2 «kurzfristigem Wachstum und Profitdenken». Das Komitee ist der Meinung, dass die vom Gemeinderat vorgeschlagene Variante beispielsweise noch mehr Verkehrsprobleme im Zentrum verursacht und dass Quartiere ihrer Lebensqualität beraubt würden. Dies wegen Mehrverkehr und fehlenden Parkplätzen. Ebenfalls befürchtet man, dass «hunderte Liegenschaften» nicht mehr der Bau- und Zonenverordnung entsprechen würden, Rechtsstreitereien seien vorprogrammiert.

Massvoll und qualitativ: Wer hat die Deutungshoheit?
Die Begriffe «massvoll» und «qualitativ» sind relativ und Ansichtssache, dies zeigt sich beispielhaft bei dieser Abstimmungsvorlage. So wirbt die Gemeinde für die Variante 2 damit, dass diese eine «massvolle Siedlungsentwicklung nach qualitativen Grundsätzen» ermögliche. Das Komitee, welches dieselbe Variante verhindern will, wirbt mit dem Slogan: «Für eine massvolle und qualitative Ortsentwicklung.»

Defizit von 715 000 Franken

Finanzen Das Budget für das Jahr 2021, über welches ebenfalls am 29. November abgestimmt wird, rechnet mit einem Minus von rund 715 000 Franken. Geplant sind Investitionsausgaben von 10 535 000 Franken. Als Hauptgründe für das Defizit benennt die Gemeinde in erster Linie die Bauprovisorien für die Sanierung und Erweiterung des Schulhauses Avanti und den AHV/IV-Mehrkosten. Der Gemeinderat habe zudem das Wachstum der Steuerkraft aufgrund der Pandemie und des tieferen Bevölkerungswachstums in den Planjahren reduziert. Anstatt 0.7 Prozent Bevölkerungszuwachs wird für 2021 mit 0.5 Prozent gerechnet. Bei der Steuerkraft geht der Gemeinderat trotz der aktuellen Herausforderungen von einem Wachstum von einem Prozent aus. In den Vorjahren waren jeweils 2.8 Prozent Steuerkraftwachstum budgetiert worden.

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